Zum Nachdenken und Diskutieren: unser Wirtschaftssystem

Was ist gerecht in unserem System?

Man könnte ein Buch dazu schreiben, aber das wäre nun zu viel. Dieser Text soll lediglich eine Anregung zum Nachdenken sein.

Die Corona-Krise wird trotz aller Hilfen durch den Staat auch weitere Folgen haben.  Da die Industrie still steht, sind die Börsen im Sturz, Aktien, Beteiligungen  und vieles andere verlieren enorm an Wert. Der Markt liegt praktisch am Boden und es wird einige Zeit dauern, eventuell Jahre, bis sich die Wirtschaft wieder erholt, den Stand von vor der Krise erreicht hat. Und es ist davon auszugehen, dass es intensiver als vorher Übernahmen durch andere Konzerne geben wird. Wer in diesem Bereich seine Gelder angelegt hat, so teilweise auch Rentenkassen, dürfte sie zu einem großen Teil verloren haben, ein großes Minusgeschäft gemacht haben.

Millionen Jobs gehen vermutlich verloren, die Arbeitslosenversicherung wird nicht genügend Mittel haben, um Arbeitslosengeld oder Hartz IV in der bisherigen Höhe zu zahlen. Die Krankenkassen werden durch die Behandlung Erkrankter finanziell schlecht dastehen und durch weniger Arbeitnehmer*innen werden weniger Beiträge fließen. Die Folge dürften Kürzungen im gesamten sozialen Sektor sein. Und auf der anderen Seite gibt es systemrelevante Berufe wie in der Pflege, in der Logistik (Lieferdienste), an den Kassen und mehr, die miserabel bezahlt werden. Diese Menschen geben alles, um die Pandemie so schnell wie möglich in den Griff zu bekommen. Ist das gerecht?

Profit über alles!

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Die Privatisierung vieler Krankenhäuser in den 90ern führte dazu, dass es den Betreibern in erster Linie um Gewinne geht. Es wurde an Personal gespart. Es gab schon Äußerungen aus den Führungsebenen, dass Ärzte Geld bringen, Pflegepersonal jedoch nur Geld kostet.

Die Industrie verlagert ihre Produktionsstätten dahin, wo Arbeitskräfte am billigsten sind. Zu Beginn der Moderne war Deutschland das Land auf der Erde, das Medikamente produzierte. Heute wird überwiegend in China produziert, wie vieles andere auch. Weitere bevorzugte Produktionsstandorte sind Pakistan und Indien. Deutschland ist in Vielem einfach zu teuer, um möglichst hohe Gewinne zu erwirtschaften. Die Menschen interessieren lediglich als Konsument*innen und die Werbeindustrie tut das Nötige dazu. Wer ist nicht stolz auf eine Neuerwerbung, sei es eine Uhr, ein Handy, ein Auto oder schicke Klamotten. Und es ist doch toll, wenn wir uns eine Reise an ein fernes Ziel leisten und danach davonerzählen können. Stört euch nicht der Begriff Humankapital der in den 90er-Jahren aufkam? Was tut man mit Kapital, das nichts mehr wert ist? Wir Menschen haben nur noch einen Wert, so lange wir kaufen, konsumieren.

Die Bundesregierung hat Hilfsfonds und Erleichterungen bei Mietzahlungen etc. eingerichtet, so auch für Unternehmen. Und zwecks Gewinnmaximierung nutzen manche Unternehmen das schamlos aus.  So ist bekannt geworden, dass H&M, Adidas, Puma und Deichmann keine Gewerbemiete mehr bezahlen wollen.  Ist das fair?

Hedgefonds versuchen die Krise auszunutzen, Milliarden zu verdienen und dabei gegebenenfalls das gesamte Finanzwesen in den Abgrund zu reißen. Die Bankenkrise von 2008 wäre „Peanuts“ gegen das, was heute möglich ist. Ist es ok, dass es Profiteure dieser Kreise gibt?

Nachfrage und Angebot bestimmen die Preise. Schutzkleidung  und Atemschutzmasken sind derzeit knapp auf dem Markt, Krankenhauspersonal und andere müssen darunter leiden, die Infektionsgefahr für alle steigt. Die Anbieter nutzen die Situation aus und die Preise sind 0,45 € (Mitte Februar 2020) auf 13,52 € (27.02.2020) gestiegen, was eine Steigerung um ca. 3000% bedeutet. Zudem sind sie oft mangelhaft oder tragen falsche Zertifikate. Ist das  ok?

Aus der Not heraus empfiehlt das Robert-Koch-Institut die mehrfache Verwendung von Schutzausrüstung!

Solidarität macht die Welt besser!

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Erwarten wir selbst nicht immer Solidarität, wenn wir uns irgendwo benachteiligt fühlen? Wird nicht in unserer Gesellschaft immer jemand benachteiligt? Wie oft sagen wir lapidar, dass die benachteiligte Person selbst Schuld ist, sie doch etwas tun sollte? Manchmal wissen wir nicht einmal den wirklichen Grund für die Situation, sondern meinen nur, ihn zu wissen. Sprechen wir doch einmal mit den Personen. Und was wir von anderen erwarten, sollten wir auch anderen gegenüber zeigen: Solidarität! Sollten wir uns nicht so gegenüber anderen sein, wie wir uns auch wünschen, dass andere uns gegenüber sind?

Nach der Coronakrise wird nichts mehr so sein wie vorher und dazu müssen wir den Klimawandel schnellstens stoppen, was durch den Glauben an das ewige Wachstum nicht möglich ist. Ein ewiges Wachstum auf einem endlichen Planeten ist schlichtweg unmöglich! Das Coronavirus zeigt uns, wie anfällig unser System ist und wir befinden und ja bereits in der nächsten Krise, der Klimakrise. Ihre Auswirkungen merken wir schon in Deutschland. Durch die extrem trockenen Sommer der letzten beiden Jahre kamen wir an die Grenzen des Wassermangels. In Norddeutschland gab es vergangenes Jahr in den Medien bereits die ersten Konflikte zwischen Verbraucher*innen und Landwirtschaft. Und ein großer Teil unserer Wälder ist nun krank, dabei sind sie extrem wichtig für unser Klima.

Wenn wir weniger an uns selbst, an das „immer mehr Besitzen wollen“ denken, dafür mehr an die Gemeinschaft, uns also solidarischer verhalten, lassen sich fast alle Probleme der Gesellschaft lösen. Die Pflegekräfte in den Krankenhäusern denken zum Beispiel mindestens so viel an die anderen wie an sich slebst. Sie sollten ein Beispiel für uns sein.

Es gibt Völker auf unserem Planeten, die seit Jahrhunderten nachhaltig leben, eine andere Gesellschaftsform haben und die auch glücklich sind. Vielleicht sind sie im Grunde sogar glücklicher als wir, weil sie nicht dem Stress unterliegen, immer mehr besitzen zu wollen, sondern Zeit für andere Dinge haben.

Deshalb sollte einmal die Systemfrage gestellt werden.  Es gibt Modelle dazu, Degrowth oder Postwachstumsgesellschaft genannt. Es geht um unseren Planeten, um unsere Kinder, aber auch um uns selbst!

Nachfolgend ein paar Artikel, die zum Nachdenken anregen dürften, am Ende auch welche zur Postwachstumsgesellschaft. Dass ein grünes Wachstum nicht funktioniert, das erklärt Nico Paech ganz einfach in einem Video am Ende dieses Beitrages:

 

„Nach Corona: Die Finanzmärkte entmachten“

19.03.2020 – Interview: Ohne massive Staatsintervention droht wegen der Corona-Krise der wirtschaftliche Kollaps, warnt der Ökonom Stephan Schulmeister

Das mikroskopisch kleine, unsichtbare Coronavirus lähmt nicht nur unseren Alltag: Es lässt uns auch in Zeitlupe miterleben, wie dem globalisierten Kapitalismus, so wie wir ihn kennen, die Luft zum Atmen wegbleibt. Mit jedem Tag, der vergeht, scheint wahrscheinlicher, dass unser Wirtschaftssystem nach der Krise nicht mehr das gleiche sein wird.

weiterlesen https://www.freitag.de/…

 

 

Die ökologischen Strukturfehler unseres Wirtschaftssystems

2002 – Fehlerhafte Ansätze der Wirtschaftstheorien als Ursache verfehlter Wirtschaftspolitik
Von Jürgen Grahl

Der Erfolg der Umweltbewegung wird letztlich wohl entscheidend davon abhängen, ob es ihr gelingt, Politik und Gesellschaft davon zu überzeugen, dass Ökologie und Ökonomie keine Gegensätze bilden, dass der angebliche Zielkonflikt zwischen Wohlstand und Umweltschutz vielmehr das Resultat einer kurzsichtigen und einseitigen Betrachtungsweise ist. Daher ist es unerlässlich, sich mit den Aporien der konventionellen Wirtschaftstheorie zu beschäftigen, mit jenen Unehrlichkeiten und Irrationalitäten, die es möglich machen, Umweltzerstörung als wirtschaftlich sinnvoll zu verbrämen. Der vorliegende Artikel versucht, die wichtigsten Argumente in Kürze zusammenzustellen

  1. Missachtung des Naturkapitals
  2. Die Ausblendung der externen Kosten
  3. Die Schieflage zwischen der Besteuerung von Energie und Arbeit
  4. Das Wachstumsdogma

von Solarenergie Förderverein

weiterlesen http://www.sfv.de/…

 

 

Friedensnobelpreisträger warnt „Wirtschaftssystem bedroht die Menschheit“

09.02.2020 – Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus hält nichts vom Gewinnstreben im Kapitalismus. Dieser sei „im Kern völlig falsch konstruiert“, sagt er im Interview mit ntv.de. Er fordert ein radikales Umdenken – und warnt vor dem Brexit als „Projekt der Egoisten“.

weiterlesen https://www.n-tv.de/…

 

 

Naomi Klein: Warum wir unser Wirtschaftssystem radikal ändern müssen

24.05.2015 – Unser Wirtschaftssystem und unser Planetensystem passen einfach nicht zueinander: Damit die Erde überleben kann, damit das Klima nicht kollabiert, müssen wir unseren Ressourcenverbrauch senken, damit die Wirtschaft nicht zusammenbricht, benötigen wir mehr Expansion, mehr Konsum, mehr Wachstum.

weiterlesen/-hören https://www.swr.de/swr2/…

 

 

„Ein Wirtschaftssystem, das auf Wachstum und Profit ausgelegt ist, kann nicht nachhaltig sein“

17.04.2019 – Ein Telepolis-Interview mit Aktivisten der Plattform Change for Future, die als antikapitalistische Strömung innerhalb der Schülerbewegung Fridays for Future agiert

weiterlesen https://www.heise.de/tp/…

 

Change The Future:

 „Change the Future“-Tool nutzen und die Zukunft aktiv mitgestalten

Gemeinsam für ein gutes Leben
Viele Städte und Gemeinden engagieren sich bereits in unterschiedlichster Form für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit auf lokaler Ebene. Dabei sind sie auch auf das Engagement von Einzelpersonen und lokalen Initiativen angewiesen. Trotzdem könnte einiges verbessert werden …

weiterlesen https://www.change-the-future.eu/de/about

 

Postwachstum/Degrowth

 

Internationale Politik und Gesellschaft: Ungleichheit tötet

Corona wird den Globalen Süden weitaus härter treffen als die Industriestaaten. Es drohen massive politische Unruhen und Instabilität.

Die Versorgungslage kann sich schnell anspannen, Handelsbilanzdefizite und Schulden wachsen. Vor allem aber schießen die Preise für Konsumgüter und Lebensmittel in die Höhe. Das verschärft die soziale Krise.

weiterlesen https://www.ipg-journal.de/…

 

Degrowth für Dummies: Das sind die zehn zentralen Ideen der Bewegung

Immer weiter, immer schneller, immer mehr: Damit muss nach Meinung von Wachstumskritikern Schluss sein.

weiterlesen https://www.wiwo.de/…

 

 

Degrowth, eine Alternative zum Wachstum

25.10.2016 – Manche Ökonomen haben eingesehen: Die Wirtschaft kann nicht immer weiter wachsen. Ihre Schlagworte sind Degrowth und Postwachstumsgesellschaft.

weiterlesen https://www.faz.net/…

 

 

Krautreporter: Wir reden in der Klimakrise am eigentlichen Problem vorbei: Wir glauben an ewiges Wachstum

Wirtschaftswachstum hat uns Wohlstand gebracht. Und zerstört unsere Lebensgrundlagen. Grünes Wachstum funktioniert nicht. Es ist Zeit umzudenken.

weiterlesen https://krautreporter.de/…

 

Videos

Niko Paech: Postwachstumsökonomie in 20 Minuten | Werkstatt Zukunft

 

Niko Paech:
Warum wir konsumieren und warum Konsum nicht glücklich macht und wie wir Konsum reduzieren

 

Zum Weiterlesen: Licht aus, Spot an: Klimawandel, Globalisierung und Kapitalismus


Mehr zu den Themen unter den Schlagwörtern, so auch unter Wachstum (weitere Inhalte folgen noch):

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