Trotz Verlusten gibt es Boni für das Führungspersonal der Bahn

Trotz Verlusten gibt es Boni für das Führungspersonal der BahnWenn ein Unternehmen enorme Verluste einfährt, das Personal schlecht bezahlt wird, darf das Führungspersonal dann hohe Boni erhalten? Recht wenig von der Öffentlichkeit beachtet, war dies gerade der Fall bei der Deutschen Bahn.

Trotz Verlusten erklärt die Bahn das Jahr 2022 zum Erfolgsjahr

Im Jahr 2022 betrug der Nettoverlust des Unternehmens rund 227 Millionen Euro. Die Verluste wären ohne die enormen Gewinne der Bahntochter Schenker noch deutlich höher gewesen. Der Konzern hat 28,8 Milliarden Euro Schulden.

Die Bahn erklärte das Jahr zum Erfolgsjahr, indem die Berechnung der Boni geschönt wurde.  Bei Pünktlichkeit und Kundenzufriedenheit waren die Wert erwartungsgemäß miserabel, weshalb sie bei der Boniberechnung nicht gewertet wurden. Bewertet wurden Mitarbeiterzufriedenheit, Frauen in Führungspositionen sowie das Erreichen finanzieller Ziele. Die Schwellwerte dafür kann man ja auch recht niedrig ansetzen.

Public Corporate Governance Kodex des Bundes

Dies widerspricht ganz offensichtlich der im Jahr 2021 eingeführten Berechnungsmethodik, die insbesondere die Empfehlungen des 2020 novellierten Public Corporate Governance Kodex des Bundes berücksichtigt. Die Jahrestantieme errechnet sich aus der Summe von fünf jeweils gleich gewichteten Einzelzielen. Drei dieser Ziele betreffen die Bereiche “Kunde”, “Qualität” und “Mitarbeitende”. Nach Ermittlung des rechnerischen Ergebnisses besteht die Möglichkeit, das rechnerische Ergebnis mittels eines Ermessensfaktors zu modifizieren! (siehe “Lagebericht und Jahresabschluss 2022” auf Seite 66 – unten im Beitrag).

Nach außen spricht der Konzern bei der neuen Berechnungsmethodik von einem Nullsummenspiel, intern heißt es jedoch dass die Gesamtvergütung deutlich planbarer sei und sich erhöht.”

Ende April wurden die Boni in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages an 30.000 Beschäftigte, darunter rund 3800 Führungskräfte  ausgezahlt. Die aktuellen Bonuszahlungen für Führungskräfte sind vertraglich vereinbart, der Aufsichtsrat sei an diese Verträge bis zu deren Ablauf gebunden.  Dies riecht schon nach einer Ausrede, denn warum wurden Pünktlichkeit und Kundenzufriedenheit bei der Berechnung nicht berücksichtigt? Dann wären die Boni niedriger ausgefallen. Und warum setzen die Topmanager nicht Zeichen und verzichten?

Die variablen Boni waren im Geschäftsbericht der Bahn für 2022 bereits aufgeführt. Der Vorstandvorsitzende der Deutschen Bahn AG Richard Lutz soll zu seinem Grundgehalt von 970.000 Euro demnach 1,26 Millionen Euro zusätzlich erhalten. Ob er sie erhalten hat, ist nicht bekannt, es ist jedoch davon auszugehen.  Veröffentlich wird dies nicht, wie im “Lagebericht und Jahresabschluss 2022” auf Seite 63 steht (siehe unten). Zusätzlich gab es für die acht Mitglieder des Aufsichtsrats Pensionsrückstellungen in Höhe von 1,7 Millionen Euro.

Kritik an den Vergütungen der Bahn

Man kann als Dienstleister versagen, aber als Führungskraft wird man mit einem Bonus von fast 100% belohnt, so eine Führungskraft der DB, aber auch die Lokführergewerkschaft. Es herrsche eine Selbstbedienungsmentalität in der Konzernführung.

Die Bahn nutzt als erster Konzern die Strompreisbremse

Im März hat die Bahn angekündigt, wegen der gestiegenen Energiekosten die Strompreisbremse zu nutzen. Man rechne mit bis zu 2 Mrd. Euro Mehrkosten an Strom.

Zum Nutzen der Strompreisbremse gibt es Bedingungen: ein Konzern muss einen Gewinnrückgang oder Verluste haben. Außerdem dürfen keine Boni und Dividenden ausgezahlt werden, weshalb viele börsennotierte Konzerne verzichteten.

Da die Preisbremse erst ab Januar 2023 galt, war es fraglich, ob die Bonus-Sperre bereits Prämien für 2022 betrifft. Es gab Unruhe im Konzern, denn es gäbe unterschiedliche juristische Auffassungen. Deutlich zu erkennen ist, dass man nicht auf die Boni verzichten wollte, sondern alles tat, um sie zu erhalten.

Warnstreiks für bessere Löhne von 180 tausend Beschäftigten

Zur Zeit gibt es Verhandlungen des Konzerns mit der Gewerkschaft EVG über einen neuen Tarifvertrag für rund 180.000 Beschäftigte. Die Gewerkschaft möchte monatlich mindestens 650 Euro mehr für alle Beschäftigten. Das Angebot der Bahn: eine Lohnanhebung um insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten. Dazu sollte es Einmalzahlungen in Höhe von 2500 Euro geben, was die EVG ablehnt. (Stand März 2023)

Dies ist ja verständlich bei dieser Selbstbedienungsmentalität. Während die Führungskräfte so viel verdienen, dass sie die Preiserhöhungen nicht spüren, müssen die anderen bei ihren Ausgaben sparen.

Ist solch ein Verhalten üblich in der Wirtschaft?

Hoch verschuldete Unternehmen schütten Vermögen aus. Sollten sie eines Tages zahlungsunfähig sein, dann springt der Staat ein, da sie systemrelavant sind und nicht vom Markt verschwinden dürfen. Die Unternehmen selbst sind dem Führungspersonal offensichtlich egal, Erfolg ist, wenn man für sich selbst  immer mehr Vermögen anhäufen kann. Optimiert wird lediglich das Personal im Betrieb: Einsparung an Mitarbeiter*innen und Löhnen.

Warum wird so etwas nicht thematisiert, auch nicht von der Politik, insbesondere von Parteien, die sich das Soziale auf die Fahnen geschrieben haben?

 

Update am 26.05.2023:

Es scheint, die Konzernführung ist inkompetent in den Bereichen ihrer eigentlichen Zuständigkeit, sondern lediglich in dem der persönlichen Gewinnmaximierung:

“Zugausfälle, Schienenersatzverkehr: Alltag auf deutschen Schienen. Die Zahl der Gleisbaustellen steigt rasant. Angesichts vieler maroder Strecken ist das auch bitter nötig. Doch häufig scheint der DB-Konzern damit überfordert.”  – Das Unglaubliche lesen….

 

Artikel und die Jahresberichte der Deutschen Bahn:

 

Nettogewinne / Nettoverluste der Deutsche Bahn AG von 2005 bis 2022

Im Jahr 2022 erwirtschaftete das Verkehrsunternehmen einen Nettoverlust von rund 227 Millionen Euro. Im Jahr 2020 betrug der Nettoverlust sogar 5,7 Milliarden Euro.

weiterlesen und ansehen https://de.statista.com/…

 

Interne Unterlagen enthüllen: Deutsche Bahn erhöht Managern das Grundgehalt um bis zu 14 Prozent und stellt das Bonusprogramm um

01.03.2023 – “Unter dem Strich damit über alles ein Nullsummenspiel” heißt es offiziell von der Bahn. In einem internen Schreiben steht geschrieben: “Dadurch wird Ihre Gesamtvergütung deutlich planbarer und erhöht sich.”

weiterlesen https://de.finance.yahoo.com/…

 

Deutsche Bahn schafft es nicht aus den roten Zahlen

30.03.2023 – Die Logistiktochter Schenker verhindert einen noch größeren Verlust der Deutschen Bahn im Jahr 2022. Im laufenden Jahr wird sich das Minus aber drastisch ausweiten, räumt Konzernchef Richard Lutz ein. Seine Bezüge haben sich im vergangenen Jahr verdoppelt.

weiterlesen https://www.manager-magazin.de/…

 

Deutsche Bahn nutzt als erstes Großunternehmen Strompreis-Bremse

24.03.2023 – Die hochverschuldete Bahn ist größter Stromverbraucher Deutschlands und leidet besonders unter den gestiegenen Preisen. Diese hätten bereits für Mehrkosten von bis zu zwei Milliarden Euro gesorgt.

weiterlesen https://www.diepresse.com/…

 

Aktuelle Berichte des DB-Konzerns und der DB AG

Integrierter Bericht 2022 – Deutsche Bahn Konzern
PDF-Download 9.7 MB

Daten & Fakten 2022
PDF-Download 873.4 KB

Lagebericht und Jahresabschluss 2022 – Deutsche Bahn AG
PDF-Download 1.9 MB

Auszug, Seite 13:

Die Ausgestaltung der variablen Vergütung von Vorstandsmitgliedern und leitenden Angestellten sowie von weiteren Mitarbeitendengruppen im DB -Konzern ist wesentlich an Nachhaltigkeitszielen und insbesondere einer spürbaren CO ₂e-Reduktion im Verkehrssektor in Deutschland im Einklang mit den verkehrspolitischen Zielen der Bundesregierung ausgerichtet. Maßgeblich hierfür ist eine deutliche Verkehrsverlagerung auf die umweltfreundliche Schiene. Daher wurde 2022 der Beitrag zum Klimaschutz in der langfristigen variablen Vergütung von leitenden Angestellten sowie Vorstandsmitgliedern in Form von Volumenzielen zur Umsetzung der Verkehrsverlagerung berücksichtigt, die sich positiv auf die CO ₂e-Reduktion im Verkehrssektor auswirken, aber keine Auswirkungen auf die CO ₂e-Emissionen des DB -Konzerns haben. Darüber hinaus enthält die kurzfristige variable Vergütung der weiteren Mitarbeitendengruppen in 2022 auch ein explizites Ziel zur Reduktion der CO ₂e-Emissionen des DB -Konzerns. Ab 2023 ist auch eine Zielsetzung zum Ausbau des Anteils an erneuerbaren Energien am Bahnstrommix in der langfristigen Vergütung verankert.

Auszug, Seite 26:

Der Stellenwert der Pünktlichkeit zeigt sich auch darin, dass sie ein bestimmender Faktor bei der Ermittlung der Höhe der variablen Vergütung der Führungskräfte ist.

Auszug, Seite 62:

Die variable Vergütung/Erfolgsbeteiligung im DB -Konzern wurde im Geschäftsjahr 2022 methodisch neu gefasst. Die etablierte Methodik erfüllt die Anforderungen des PCGK .

Auszug, Seite 63:

Der Empfehlung, die Vergütung der Organe der vom PCGK erfassten Tochtergesellschaften individualisiert im Corporate Governance Bericht offenzulegen, folgt die DB AG nicht.
Eine Veröffentlichung der Vergütungen der jeweiligen Mitglieder der Geschäftsleitungen wäre, insbesondere ohne deren Einwilligung, in Bezug auf den Datenschutz bedenklich. Entsprechende Einwilligungen sind für die Mitglieder der Geschäftsleitungen mit Ausnahme des DB -Konzernvorstands vertraglich derzeit nicht vereinbart

Auszug, Seite 66:

V E R G Ü T U N G S B E R I C H T
Der Vergütungsbericht beschreibt die Vergütungssystematik und stellt die individuellen Vergütungen der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats dar.
Das Vergütungssystem des Vorstands Das Vergütungssystem für den Vorstand der DB AG zielt darauf ab, die Vorstandsmitglieder entsprechend ihren Aufgaben- und Verantwortungsbereichen angemessen zu vergüten.
Die Angemessenheit der Vergütung wird regelmäßig in einem Vergütungsvergleich überprüft. Im Rahmen dieser Überprüfung wird die Höhe der Vorstandsvergütung sowohl im Vergleich zum externen Markt (horizontale Angemessenheit) als auch zu den sonstigen Vergütungen im Unternehmen (vertikale Angemessenheit) gewürdigt. Sollte sich hieraus die Notwendigkeit einer Veränderung des Vergütungssystems oder der Vergütungshöhe ergeben, legt der Personalausschuss des Aufsichtsrats, in dem die involvierten Stake- und Shareholder durch die dort vertretenen Anteilseigner- und Arbeitnehmendenvertreter:innen paritätisch vertreten sind, dem Aufsichtsrat entsprechende Vorschläge zur Beschlussfassung vor. Die letzte Überprüfung der Angemessenheit der Vergütung der Vorstandsmitglieder erfolgte im Geschäftsjahr 2021.

V E R G Ü T U N G S B E S TA N D T E I L E
Die Gesamtvergütung der Vorstandsmitglieder besteht aus einer fixen Grundvergütung, einer erfolgsabhängigen Jahrestantieme (Short-term Incentive; STI ) und einem langfristigen Bonusprogramm mit mehrjähriger Bemessungsgrundlage (Long-term Incentive Plan). Die Gesamtvergütung umfasst daneben auch die Versorgungszusagen, die sonstigen Zusagen sowie die Nebenleistungen.
Die fixe Grundvergütung ist eine auf das Geschäftsjahr bezogene Barvergütung, die sich an dem Verantwortungsumfang und der Erfahrung des jeweiligen Vorstandsmitglieds orientiert. Das individuell festgelegte Fixeinkommen wird inzwölf gleichen Teilen ausgezahlt

Im Dezember 2021 hat der Aufsichtsrat eine methodische Modifikation der STI -Methodik verabschiedet, die erstmalig für das Geschäftsjahr 2022 zur Anwendung kam. Diese wurde im Sinne einer transparenten und einheitlichen Regelung zur Erfolgsbeteiligung im Systemverbund Bahn, soweit möglich, ebenfalls ab dem Jahr 2022 bei weiteren Konzerntöchtern und für unterschiedliche Führungsebenen etabliert. Die methodische Neufassung des STI berücksichtigt insbesondere Empfehlungen des 2020 novellierten Public Corporate Governance Kodex des Bundes. Wesentlicher Fokus der etablierten STI -Methodik liegt auf der betrieblichen Performance und der Kundenzufriedenheit, berücksichtigt dabei aber auch die Ertragslage und jeweils ressortspezifische Fragestellungen. Die Jahrestantieme errechnet sich aus der Summe von fünf jeweils gleich gewichteten Einzelzielen. Drei dieser Ziele betreffen die Sphären »Kunde«, »Qualität« und »Mitarbeitende«, ein weiteres Ziel stellt auf das wirtschaftliche Ergebnis des DB -Konzerns ab … Nach Ermittlung des rechnerischen Ergebnisses des STI besteht die Möglichkeit, das rechnerische Ergebnis mittels eines Ermessensfaktors zu modifizieren …

Auszug, Seite 67

Die Vergütungssystematik für leitende Angestellte zielt v. a. auf eine enge Kopplung der Vergütung an den nachhaltigen Unternehmenserfolg i. S d. Geschäftserfolgs des Systemverbunds Bahn und des DB -Konzerns sowie die Ausrichtung aller Bereiche auf dieses Ziel.

Auszug, Seite 68

Versorgungsansprüche des Vorstands für das Geschäftsjahr 2022 Im Berichtsjahr wurde den Pensionsrückstellungen ein Betrag i. H . v. 1.769 Tsd. € zugeführt. (Anmerkung: mit Aufstellung)

 

Integrierter Zwischenbericht 2022 – Deutsche Bahn Konzern
PDF-Download 1.7 MB
 


Titelbild von Frank Wittkowski auf Pixabay


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