Ab Januar sollen mehr Menschen Anspruch auf Wohngeld haben. Doch heute schon dauert es für viele Menschen Monate, bis sie einen Bescheid erhalten. Seit Jahren herrscht Personalmangel und die Bürokratie wächst.
600.000 Haushalte haben aktuell Anspruch auf einen staatlichen Zuschuss zur Miete. Mit der ab Januar 2023 in Kraft tretenden Reform werden bis zu 1,4 Millionen mehr einen Anspruch haben.
Ignoranz der Kommunen
Schon heute geraten Familien in extreme Not, weil das Geld bei ihnen nicht zeitnah ankommt. Die Kommunen haben gespart oder sparen müssen, weil ihnen selbst das Geld knapp wurde. Trotz steigenden Bedarfs wurde das Personal nicht aufgestockt. Die Situation der Betroffenen war weniger wichtig.
Längst hätten die Kommunen sich um höhere Einnahmen oder Hilfen kümmern müssen. Damit hätte Personal gesucht und geschult werden können. Dazu kommen derzeit coronabedingt erhöhte Krankenstände. Vor den Bürgerbüros stehen Schlangen, um Anträge überhaupt erst abgeben zu können. Manche sind wegen der Personalausfälle gar geschlossen. Ebenso wurde der soziale Wohnungsbau in Deutschland vernachlässigt, trotz gewaltig steigender Mieten in den letzten Jahren. Es war daher bereits vor den explodierenden Energiekosten absehbar, dass immer mehr Menschen Hilfen benötigen werden.
Was nun?
Die Wartezeiten werden sich vermutlich etwa verdreifachen. Wer kann ein Jahr oder länger auf das dringend benötigte Geld warten? Es ist wieder ein Beispiel, wie nicht weit genug gedacht wird. So, wie hier Anträge schneller bearbeitet werden können, wie man die Bürokratie reduziert. Vielleicht sollte in Deutschland endlich mehr auf elektronische Wege übergegangen werden, wie andere Länder es schon lange tun.
Auch gibt es Beispiele, wie man den sozialen Wohnungsbau stärkt, schaut man nur einmal über den Tellerrand. Österreichs Hauptstadt Wien gilt international als Vorbild für günstige Mieten. Die Stadt gehört seit einigen Jahren als die Stadt mit den zufriedensten Menschen weltweit. Sie selbst hat bereist vor fast 100 Jahren ein Konzept entwickelt, wie der Wohnungsbau vorangetrieben werden kann. Die Leitlinie lautet „Wohnen ist Menschenrecht“. Auch Singapur, eine der teuersten Städte der Welt, hat erfolgreich ein Konzept entwickelt, dass die meisten Menschen heute über Wohneigentum verfügen.
Es bleibt nun nur noch die Möglichkeit, ganz schnell Lösungen zu finden, damit nicht bald ohne Wohnung sind.
Die Armut wächst weiter, eine Gefahr für die Demokratie
Alleine im vergangenen Jahrzehnt ist die Armutsquote in Deutschland um 30% gewachsen und es besteht die realistische Gefahr, dass sie nun nochmals gewaltig zunimmt. Dabei besteht auch eine Gefahr für die Demokratie. Wenn das System nicht die Situation in den Griff bekommt, die Menschen immer weiter ins Elend stürzen, dann bleibt irgendwann nichts anderes übrig als ein Aufbegehren.
Laut Schätzungen sind in Deutschland mindestens 300.000 Menschen wohnungslos – mit steigender Tendenz. Dem muss dringend Einhalt geboten werden, aus Menschlichkeit und sozialer Verantwortung. Bundespräsident Steinmeier fordert Hilfe für diese Menschen. Man dürfe nicht hinnehmen, dass Menschen im Abseits leben.
Auch hier zeigt sich wieder, dass das System eine grundlegende Reform benötigt, hin zu mehr Gerechtigkeit. Es kann nicht sein, dass die Reallöhne für viele Berufe real immer weiter sinken und die Preise für´s Überleben steigen.
Vielleicht sollten wir alle einmal nachdenken und auch mehr soziales Verhalten zeigen? Am Ende gewinnen wir alle dabei.
Artikel und weitere Informationen:
Überlastete Ämter: Wenn Wohngeld auf Wirklichkeit trifft
25.11.2022 – Mehr Menschen sollen ab Januar Wohngeld bekommen können, aber schon jetzt sind die Wartezeiten lang. Massiver Personalmangel und ausufernde Bürokratie bringen Ämter und Behörden an ihre Grenzen.
weiterlesen https://www.tagesschau.de/…
Blick über den Tellerrand:
Wie Städte bezahlbaren Wohnraum erhalten
25.11.2022 – Wien gilt als internationales Vorbild für günstige Mieten, in Singapur besitzen längst nicht nur Reiche Wohneigentum: Der „Ideenimport“-Podcast zeigt Ansätze, wie Wohnen in Großstädten bezahlbar bleiben kann.
weiterlesen https://www.tagesschau.de/…
Studie: Armut in Deutschland stark gestiegen
24.11.2022 – Die Armutsquote in Deutschland ist im vergangenen Jahrzehnt weiter gestiegen. Ein Drittel größer wurde der finanzielle Abstand für Haushalte unterhalb der Armutsgrenze. Eine Studie erkennt darin eine Gefahr für die Demokratie.
weiterlesen https://www.tagesschau.de/…
Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI)
24.11.2022 – Pressemitteilung: Arm und ausgeschlossen: Armut schränkt gesellschaftliche Teilhabe stark ein, Krise verschärft Problem
weiterlesen https://www.boeckler.de/…
Die Studie „Armut grenzt aus“
In Deutschland ist der Anteil der Armen in der letzten Dekade deutlich angestiegen. Vor diesem Hintergrund befasst sich der diesjährige Verteilungsbericht mit dem Thema Einkommensarmut und untersucht, welche Auswirkungen sie auf die gesellschaftliche Teilhabe der Betroffenen hat.
weiterlesen / downloaden https://www.wsi.de/…
WSI Verteilungsberichte
Seit 1995 zeichnen die jährlichen Berichte anhand belastbarer empirischer Daten die Verfestigung der sozialen Ungleichheit in Deutschland nach und machen auf dringenden politischen Handlungsbedarf aufmerksam.
zu den Berichten https://www.wsi.de/…
Bundespräsident Steinmeier zu Wohnungslosigkeit:
„Nicht hinnehmen, dass Menschen im Abseits leben“
26.11.2022 – In vielen deutschen Großstädten werden Straßenmagazine von Obdachlosen verkauft. In den Dezember-Ausgaben wird auch ein Interview mit dem Bundespräsidenten zu finden sein. Steinmeier fordert erneut mehr Hilfe für wohnungslose Menschen.
weiterlesen https://www.tagesschau.de/…
Bild von WikimediaImages auf Pixabay
Um die Entwicklung bei den einzelnen Themen zu sehen,
die Schlagwörter zu früheren Beiträgen: