Reichtum, Armut und die Demokratie

DIe Gefahr von arm und reich für die DemokratieReichtum ist in unser Gesellschaft strukturell mit kollektiver Armut verknüpft. Dies sagte Marlene Engelhorn, die fast ihr ganzes Erbe verschenkt. Wer ist diese Frau? Auf der anderen Seite geht die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander. Dies ist eine Gefahr für die Demokratie.

Marlene Engelhorn

Sie ist Nachfahrin von Friedrich Engelhorn (1821–1902) , Gründer der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik AG (BASF) , später dann Gründer des Mannheimer Pharmaunternehmens C. F. Boehringer und Söhne. Die Böhringer-Mannheim-Anteile wurde 1997 an Hoffmann-La Roche verkauft, was den Anteilseignern Milliarden Dollar einbrachte. Sie hat 25 Millionen Euro geerbt und will dieses Geld spenden.

Systemkritik einer Reichen

Gerade wenn reiche Menschen unser System kritisieren, so hat dies deutlich mehr Gewicht, als wenn es von anderen kommt.

So fragt Marlene Engelhorn, was wohl der beste Manager wäre, ohne diejenigen, die Produkte entwickeln, verbessern, produzieren oder verkaufen. Die Arbeit in unserer Gesellschaft erfolgt arbeitsteilig, nichts würde ohne die anderen gehen. Diese Ungleichheit zeigt, dass manche Arbeiten als wertvoller gesehen werden. Nur warum?

„Wieso ist es der Alleinerzieherin mit Teilzeitjob zumutbar, dass sie auf ihr geringes Einkommen mindestens 20 Prozent Steuern (Österreich) zahlt, und jemand wie ich bekommt ein Vermögen geschenkt?“ fragt Marlene Engelhorn. Eine große Schere zwischen Reichtum und Armut ist schädlich für die Demokratie.

Reichtum besteuern!

Werden auf Reichtum Steuern erhoben, so ist dies kein Wegnehmen. Denn wer hat diesen erwirtschaftet? Zudem gibt es für Reiche eine Menge Steuervermeidungsmöglichkeiten wie Leasing, Abschreibung und mehr, was eingeschränkt werden müsste. So meint der franzöischen Ökonom Thomas Piketty, dass fünf Prozent des Staatshaushalts aus Vermögens- und Erbschaftssteuern finanziert werden sollten.

„Was habe ich davon, wenn ich alleine superreich bin? Dann bin ich ganz allein.“ Marlene Engelhorn ist bei Millionaires for Humanity, bei taxmenow (Initiative für Steuergerechtigkeit e.V.) und in anderen Bewegungen aktiv.

Es ist ja so in unserer Gesellschaft heute, dass  wer reich ist, der hat Macht und Einfluss, bis hin in die Politik. Unser Denken wird von Besitz bestimmt. Sind Reiche Menschen glücklich? Wissen sie, ob Menschen sie oder ihr Geld mögen? Wird ein armer Mensch gemocht, so weiß dieser, dass es ihm selbst gilt. Eine Gesellschaft mit allen auf gleichem Niveau ist besser für jeden Einzelnen, Egoismus wird rar.

Arm und Reich und die Gefahr für die Demokratie

In den letzten Jahren, während der Coronapandemie hat sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter geöffnet. Es kommt durch Angst um die Zukunft und die Gesundheit zu einer latenten Unzufriedenheit bei den armen Menschen. In ihrer Situation mangelt es an Wertschätzung, an Mitgefühl. Sie verlieren ihr Vertrauen in die Politik, in die Behörden, in das Miteinander. Sie fühlen sich ausgegrenzt.

Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) hat eine umfangreiche Studie gemacht, bei der über 800tausend Haushalte befragt wurden. Das Bürgergeld dürfe nicht mehr unter der Armutsgrenze liegen. Die Grundsicherung muss auf ein armutsfestes Niveau angehoben werden, der Mindestlohn ebenfalls.

Es trifft aber nicht nur die Unterschicht, auch die Mittelschicht schrumpft und für immer mehr Menschen wird das Geld zum Monatsende knapp. Warum wird Arbeit in Deutschland so hoch, Vermögen aber so wenig besteuert?

Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens?

Hier stellt sich nun auch die Frage nach dem bedingungslosen Grundeinkommen. Es wäre finanzierbar und nicht zum Nachteil der Gesellschaft. Es wäre wohl eher zu deren Vorteil, mit mehr Solidarität, mehr Zusammenhalt untereinander. Dass Menschen mit einem Grundeinkommen dann nicht mehr arbeiten würden, ist eine platte Behauptung von Gegnern. Viele würden gar ehrenamtlich, also zum Vorteil der Gesellschaft, aktiv werden. Und wohl die meisten würden auch arbeiten, dass sie sich mehr leisten können. Ein Versuchsprojekt läuft derzeit (siehe Artikel unten).

Gerade die Frage nach der Demokratie sollte zu einem Umdenken, zu einer Korrektur führen! Die  derzeitigen Demonstrationen in Deutschland sollten nicht nur gegen Rechts, sondern auch für mehr Gerechtigkeit streiten.

 

Vertiefende Artikel/Materialien hierzu:

Millionenerbin Marlene Engelhorn: „Besteuert mich endlich!“

23.05.2021 – Die 29-jährige Wienerin erklärt, warum sie mindestens 90 Prozent ihres Erbes spenden und keinesfalls als Philanthrokapitalistin à la Gates und Co enden will

das Interview lesen beim Standard

 

Millionärin verschenkt Erbe – Marlene Engelhorn gibt Pläne bekannt

17.01.2024 – Die Multimillionärin Marlene Engelhorn setzt sich für eine stärkere Besteuerung von Superreichen ein. Sie selbst will ihr Millionenerbe verschenken. Es geht um 25 Millionen Euro.

weiterlesen bei Frankfurter Rundschau

 

Marlene Engelhorn

weiterlesen auf Wikipedia

 

Who Are Millionaires For Humanity

We are a growing international network of multimillionaires, united in our concern for the challenges the world and its people are facing. We go beyond philanthropy to work for systemic change. Our mission is to advocate a i% tax on people like us to help support the COVID-19 recovery, tackle poverty and climate change, and achieve the UN Sustainable Development Goals

continue reading at millionairesforhumanity.org

 

taxmenow – Initiative für Steuergerechtigkeit e.V.

Wir sind eine Initiative von Vermögenden im deutschsprachigen Raum, die sich aktiv für Steuergerechtigkeit einsetzt.

weiterlesen bei www.taxmenow.eu

 

Arm vs. Reich – Deutschland nach Vermögen aufgeteilt

2020 – So würde Deutschland aussehen, wenn die gesamte Fläche nach Vermögen zugeschnitten wäre. Der ärmeren Hälfte der Bevölkerung würde dann lediglich ein Gebiet in der Größe des Saarlands plus benachbarte Kreise gehören.

weiterlesen bei Berliner Morgenpost

 

Oxfam-Studie: Reiche werden immer reicher

15.01.2023 – Fünf Deutsche besitzen 155 Milliarden US-Dollar

weiterlesen bei Tagesschau

 

Armut in Deutschland: Ein Dauerzustand mit gefährlichen Folgen

03.11.2023 – Die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland öffnet sich weiter. Ein neuer Bericht zeigt alarmierende Trends und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft.

weiterlesen bei Frankfurter Rundschau

 

WSI-Verteilungsbericht 2023

Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts sieht Armut als Risiko für die Demokratie

Mehr und wirksameres politisches Engagement gegen Armut und Ungleichheit ist ein wesentlicher Ansatz, um die Gesellschaft zusammen- und funktionsfähig zu halten, gerade in Zeiten großer Veränderungen und der Herausforderung durch Populisten.
Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI

weiterlesen bei Verdi

 

Monitor: Absturz der Mittelschicht

Sendung vom 12.01.2023 – Immer mehr Menschen in Deutschland sind von Armut betroffen oder leben am Existenzminimum. Immer mehr Unternehmen im Mittelstand sind von Insolvenz bedroht. Die aktuelle Krise verschärft die Spaltung zwischen Arm und Reich in Deutschland und erfasst längst weite Teile der Mittelschicht, vor allem, wenn man kein Vermögen hat. Für 60% der Bevölkerung reicht das Einkommen kaum bis zum Monatsende. Dabei gibt es in Deutschland Billionen Euro an Privatvermögen. Wen betrifft die aktuelle Krise konkret? Was unternimmt die Politik dagegen? Wer bleibt auf der Strecke?

Darüber diskutiert MONITOR-Leiter Georg Restle mit seinen Gästen:
– Ulrich Schneider (Geschäftsführer Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband),
– Sarah Zickler (Generalsekretärin des Verbands Liberaler Mittelstand),
– Prof. Marcel Fratzscher (Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung)
– Journalistin und Bestseller-Autorin Ulrike Herrmann.

 

Das Grundeinkommen ist finanzierbar

05.01.2024 – Unbezahlbar, das ist das Hauptargument der Kritiker des Grundeinkommens. Dabei könnte eine radikale Steuerreform Milliarden bringen und die Ungleichheit reduzieren.

weiterlesen bei Zeit

 


Bild von Gerd Altmann auf Pixabay


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