Abwrackprämie im Sinne der Autoindustrie?

Die Autoindustrie will StaatshilfenDie Autoindustrie jammert, dem Volkswagenkonzern soll es so schlecht gehen, dass über die Entlassung tausender Mitarbeiter*innen laut nachgedacht wird.  Der Konzern fuhr aber auch im ersten Halbjahr 2024 Gewinne ein.

Die Gewinne von VW

Zwar sank im ersten Halbjahr 2024 der Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14 Prozent auf rund 8,5 Milliarden Euro, aber ist das ein Grund für Entlassungen?  Am 1. August publizierte die Volkswagen Group, dass sie erwarte, dass die Umsatzerlöse des Konzerns das Vorjahr um bis zu 5% übertreffen werden. Und bei der operativen Umsatzrendite wird mit einer Steigerung um 6,5% gerechnet.

Stellenabbau – Druck der Autoindustrie auf den Staat für Gewinnmaximierung

Und dann kommt der Konzern einen Monat später damit, dass er massiv Stellen abbauen muss. Nach dem Einstieg von Niedersachsen und Bund in die Meyer Werft in Papenburg war damit zu rechnen, dass ein Konzern oder gar eine ganze Sparte nachziehen wird. Dies war schon während der Coronapandemie der Fall. Nachdem die Benzinpreise massiv anstiegen und die Konzerne damit ihre Gewinnmargen erhöhten, verzichtete der Staat auf Einnahmen, indem er auf die Mehrwertsteuer verzichtete. Bald darauf zog die Lebensmittelindustrie mit Preiserhöhungen nach und der Staat “half” wieder.

Volkswagen fährt immer noch hohe Gewinne ein, aber es geht dem Konzern um eine Gewinnmaximierung um jeden Preis. Mercedes und BMW zogen inzwischen nach, sehen ebenfalls schwarz für die Zukunft. Dabei gibt es verschiedene Gründe, warum die Situation für die Sparte schwieriger geworden ist. So haben kaum in E-Mobilität investiert. Sie hielten an ihren Benzinern fest, obwohl seit vielen Jahren der Trend sichtbar war. Es begann mit Hybridantrieben, dann mit reinen E-Fahrzeugen. In China brach der Markt für VW fast komplett ein, dort werden praktisch nur noch E-Autos gekauft. Und die Absätze in Europa brachen auch ein, weil den Menschen weniger Geld zur Verfügung steht und Autos teuer geworden sind. Die Menschen haben andere Präferenzen, nämlich über Geld für Miete und Lebensunterhalt zu verfügen. Und da viele nicht wissen, wie sicher ihr Job ist, wollen sie über eine finanzielle Reserve verfügen. Das alte Auto tut’s auch noch, es ist ja noch nicht so alt.

Forderungen und Vorschläge der Autoindustrie auf dem Autogipfel

Gestern, am 23. September, fand ein Autogipfel mit Bundeswirtschaftsminister Habeck statt. Dort wurde unter anderem gefordert, die Überprüfung der EU-Flottengrenzwerte von 2026 um ein Jahr vorzuziehen. Sie seien kaum erreichbar und würden Milliarden an Strafzahlungen kosten. Habeck: “Dem will ich gerne folgen.” Dabei haben andere Hersteller die Vorgaben bereits erreicht, darunter BMW. Hier wurde schlichtweg versagt!

Die Elektromobilität werde sich durchsetzen, aber brauche mehr Zeit, so VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch. Warum wurde in diese bisher nicht richtig investiert? Man könne viel weiter sein, andere, vor Allem China machen es vor.

VW setzt sich für eine Neuauflage der Elektroautoprämie ein. Der Staat solle 4000 Euro zum Kauf eines reinen Elektroautos (BEV) zuschießen, wenn der Hersteller einen Preisnachlass von 2000 Euro gibt. Dies wäre für die Automobilindustrie eine gewaltige Erhöhung des Gewinns, der dann im kommenden Jahr an die Aktionäre ausgeschüttet werden kann. Dieses Spiel gab es bereits bei der letzten Förderung. Mit dem Förderstopp sanken die Neuwagenpreise um den Förderbetrag. Und vielleicht würde VW den Verkaufspreis kurz vor einer neuen Förderung noch schnell um 2000 Euro erhöhen?

Die SPD kam nun mit der Forderung einer Abwrackprämie. Wer sein Verbrennerauto abwrackt und ein neues E-Auto kauft, soll einen Bonus von 6000 Euro bekommen. Solch eine Prämie gab es schon einmal im Jahr 2009 während der Bankenkrise. Abgewrackt wurden die wenigsten Autos, sie gingen nach Osteuropa und nach Afrika. Oft wurden gar die Katalysatoren ausgebaut und die Wertstoffe verkauft, die Autos gelangten auf die dortigen Märkte. Dies passte den Konzernen natürlich, denn der Markt für Ersatzteile wuchs. Und die Fördermittel zahlen alle Steuerzahler*innen, selbst wenn sie kein Auto besitzen. Und: andere Länder zogen nach, bis hin zu den USA. Es gab regelrecht einen Wettbewerb.

Ist dies alles der SPD nicht bekannt?  Ist sie so vergesslich? Es gab eine CDU/SPD-Regierung, der heutige Bundeskanzler Olaf Scholz war Minister für Arbeit uns Soziales (Kabinett Merkel I).

Man sollte einmal überlegen, ob ein so großer Stellenabbau die Industrie wieder auf Vordermann bringt, oder ob es nur um Spitzengehälter der Konzernführungen geht. Sie sollten erst einmal ihre Hausaufgaben machen. Ebenso wäre wohl eine echte Verkehrswende für die Menschen und das Klima definitiv besser.  Wenn es eine Förderung geben soll, dann doch nur unter dem Aspekt des Nutzens für alle. SUV-Produktion zu fördern, wäre vollkommen falsch. Wenn, dann sollten Kompaktfahrzeuge im Fokus stehen.

Es gibt wichtigeres für den Staat zu tun

Vielleicht sollte ja einmal über die Gewinnmaximierungen der Konzerne nachgedacht werden? Vielleicht auch einmal, etwas der Allgemeinheit, dem Staat zurückzugeben? Und im Sinne des Umweltschutzes auch einmal über weniger Konsum nachdenken? Andere Sparten haben übrigens größere Probleme, so durch den Umstieg in die Elektromobilität auch etliche Autozulieferer, weil ihre Produkte nicht mehr benötigt werden.  Sie müssen sich umorientieren oder schließen. Arbeitnehmer*innen finden sicherlich neue Jobs aufgrund des Arbeitskräftemangels. Viele benötigen eventuell eine Umschulung. Und hier wäre es richtig, wenn der Staat fördert.

Wie lange sollen diese “Spielchen” noch weitergehen? Endlos funktioniert das nicht, es kommt eines Tages zum Zusammenbruch.

 

Artikel hierzu:

Schwache Nachfrage: Volkswagen-Konzern macht weniger Gewinn

02.08.2024 – Der Volkswagen-Konzern hat im ersten Halbjahr 2024 weniger Gewinn gemacht. Das Ergebnis nach Steuern sank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14 Prozent auf rund 8,5 Milliarden Euro, wie der Autobauer aus Wolfsburg am Donnerstag bei der Vorstellung seiner Jahresbilanz mitteilte. 

weiterlesen bei NDR

 

Kernmarken mit Umsatzplus: Volkswagen steigert 2023 Gewinn

13.03.2024 – Volkswagen hat nach eigenen Angaben im Jahr 2023 unterm Strich mehr Gewinn(17,9 Milliarden Euro) gemacht und dadurch vom verbesserten Tagesgeschäft profitiert. Auch der Umsatz der Kernmarken wie Skoda und Seat ist angestiegen.

weiterlesen bei NDR

 

Volkswagen Group im ersten Halbjahr 2024 solide in herausforderndem Umfeld

01.08.2024 – Wolfsburg. Ausblick für das Jahr 2024 bestätigt. Die Volkswagen Group erwartet, dass die Umsatzerlöse des Konzerns das Vorjahr um bis zu 5% übertreffen. Die operative Umsatzrendite für den Konzern und den Bereich Pkw wird voraussichtlich zwischen 6,5 und 7% liegen.

weiterlesen bei Volkswagen Group

 

VW in der Krise – Werke schließen trotz Milliardengewinns?

12.09.2024 – Die Marke Volkswagen muss grundsaniert werden. Die Einschätzungen, warum es so weit kommen konnte, gehen auseinander. Denn die Probleme bei VW sind vielschichtig. (Mit Grafik “Anzahl verkaufter Elektroautos in Europa nach Modellen von Januar bis Juli 2024”).

weiterlesen bei NDR

 

Habeck stellt Autobranche Unterstützung in Aussicht – keine Strohfeuer

23.09.2024 – Die Krise in Deutschlands Autoindustrie spitzt sich zu. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellt der Autobranche Unterstützung in Aussicht – und will in der Ampelregierung über mögliche neue Förderungen für Elektrowagen beraten.

weiterlesen bei Manager Magazin

 

Abwrackprämie: Illegaler Weiterverkauf von Schrottfahrzeugen

05.08.2009 – Offenbar landen nicht alle prämiengeförderten Altfahrzeuge auf dem Schrottplatz. Bis zu 50.000 abgewrackte Autos wurden nach Informationen des Bundes Deutscher Kriminalbeamter illegal weiterverkauft. Hauptziel der angeblich verschrotteten Fahrzeuge: Afrika und Osteuropa.

weiterlesen bei Autohaus

 

Abwrackprämie: Erschreckende Bilanz der Autoverschrottung

16. 12.2010 – Die Abwrackprämie kam so gut bei den deutschen Kunden an, dass sie weltweit zum Vorbild für Krisenprogramme wurde. Inzwischen sind die Subventionen ausgelaufen und es kann Bilanz gezogen werden. Das Ergebnis ist erschreckend. Ökonomischer und ökologischer Unsinn, 27 Millionen Steuerpflichtige haben zwei Millionen Autokäufern 2500 Euro geschenkt. …

weiterlesen bei Wirtschaftswoche

 

Der Crash-Test

16.08.2009 – Für die einen ist die Abwrackprämie ein Erfolgsmodell der Krisenintervention, für die anderen eine Bankrotterklärung der Politik. Die 2500-Euro-Prämie zeigt, was passiert, wenn der Staat mit Milliarden das Spiel der Märkte beeinflusst: Bilanz einer Staatsaktion. Was sagen die Ökonomen – jene Wissenschaftler also, die das Wesen und Funktionieren der Wirtschaft studieren?

weitelesen bei Spiegel

 

Abwracken – Gut für die Wirtschaft, schlecht für die Umwelt? | WDR Doku

Die Idee „Weg mit den alten und her mit den neuen Wagen“ wirklich ökologisch? Ein ARD-Team ist dieser Frage nachgegangen und hat sich auf den Märkten umgeschaut, auf denen unsere gebrauchten Fahrzeuge in Afrika und Osteuropa verkauft werden. Schon nach den Dieselfahrverboten in Deutschland ist der Preis für ein paar Jahre alte Euro-4- und Euro-5-Diesel in den Keller gerutscht. Diese eigentlich hochwertigen PKW gehen meist in den Osten Europas, vor allem nach Bulgarien, Rumänien und Slowenien, wo sich ein Eldorado für Händler auftut. In Bulgarien wird aus den Gebrauchtwagen meist der Katalysator ausgebaut und zu Geld gemacht. Das Ergebnis: 90% aller Fahrzeuge in Bulgarien haben keine Abgasfilter, schätzen Experten. Viele alte Benziner gehen nach Westafrika. Nigeria ist einer der größten PKW-Abnehmer weltweit. Dabei ist der Straßenverkehr in Lagos, wie in fast allen afrikanischen Großstädten, nahezu zum Erliegen gekommen. Nicht nur Katalysatoren, auch die Batterien werden hier ausgebaut, weil die Rohstoffe etwas wert sind und deshalb separat verscherbelt werden. Die Batterieflüssigkeiten verseuchen mittlerweile ganze Landstriche in Nigeria. Das Story-Team trifft Experten, die davon überzeugt sind, dass Kaufprämien nur der Wirtschaft und nicht der Umwelt helfen. Man könne so gut wie jedes alte Auto auf moderne Abgaswerte bringen, nur scheint dies weder von der Autoindustrie noch von der Politik gewünscht zu sein. Geht es in Deutschland beim Autokauf also wirklich um die Umwelt, oder doch nur ums große Geschäft?

 


Titelbild von Goran Horvat auf Pixabay


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