Es ist sicherlich gut, einmal eine Zusammenstellung von Lobbyismus und Korruption sowie von Verdachtsfällen in der deutschen Politik vor sich zu haben. Sie gehen ja meistens schnell vergessen, sobald sie aus den Medien verschwinden.
Natürlich ist diese Aufstellung nicht komplett. Korruption gibt es auf allen Ebenen bis in die Kommunalpolitik und in allen Parteien. Selbst von der Bundesebene bekommt man kaum alle zusammen, die öffentlich wurden. Darüber hinaus gibt es noch die „kleinen“ Vorteilsnahmen von Mandatsträgern wie einst zum Beispiel die Bonusmeilen-Affäre.
Bekannt werden Fälle lediglich dann, wenn etwas nach außen in die Öffentlichkeit gelangt. Häufig bleibt es bei Vermutungen bzw. Verdachtsmomenten, es fehlen Beweise. Dass sie bekannt werden, liegt daran, dass jemand redet und Belege liefert oder die Staatsanwaltschaft bei Verdacht ermittelt und durchsuchen lässt. Was praktisch nie an die Öffentlichkeit gelangt, sind Fälle von Erpressung. Es ist davon auszugehen, dass es davon eine hohe Dunkelziffer gibt.
Klarstellen muss man aber auch, dass es im Verhältnis zur Gesamtzahl der Mandatsträger*innen nur sehr wenige sind, die in Korruption verwickelt sind.
Lobbyismus und damit auch Korruption werden gefördert
Lobbyisten erhalten nach ihrer Registrierung im Bundestag einen Hausausweis, können sich frei bewegen, Abgeordnete besuchen und die von ihrem Interesse zum „Wohl Deutschlands“ überzeugen. Die andere Seite, meist die Gesellschaft, hat dieses Privileg nicht und wird daher nicht gehört.
Kommen die Lobbyisten nicht mit ihren Anliegen nicht durch, so wird es manchmal mit anderen Mitteln versucht.
Die Verantwortlichen in der Politik haften nicht
Beim Maut-Skandal rund um Ex-Verkehrsminister Scheuer „stank“ es gewaltig, wenn man zwischen den Zeilen liest. So gab es etliche geheime Treffen rund um die Maut. Dies hat schon ein „Geschmäckle“. Bezüglich Verantwortlichkeit sehen Rechtswissenschaftler daher noch einigen Reformbedarf. Während ein verbeamteter Staatssekretär haftet, sind Minister jedoch von jeglicher Haftung freigestellt.
Weitere Fälle mit „Geschmäckle“
Der immer noch nicht zu Ende ermittelte CumEx-Skandal wirft viele Fragen auch. Bundeskanzler Scholz kann sich an ein Treffen mit einem Banker nicht mehr erinnern und kurz darauf verzichtete die Stadt Hamburg auf seine Forderungen. Dokumente werden von der Bundesregierung zurückgehalten. Und eine Staatsanwältin wurde bei ihrer Arbeit behindert. In dem ganzen Fall gibt es bisher nur Vermutungen. Aber warum tut Olaf Scholz nicht alles, um aufzuklären und von jeglichem Verdacht frei zu sein?
Ebenso zeigte der Dieselskandal ab 2015 deutlich, wie sehr Politik und Wirtschaft miteinander verflochten sind. Die Bundesregierung hat sich schützend vor die Autoindustrie gestellt, was auch massiv kritisiert wurde. Aber so etwas wird eben schnell vergessen.
Wenn der öffentliche Druck zu groß ist, so schadet dieses Verhalten nur selten den Leuten bei ihrer politischen Karriere (in der Artikelliste unten sind viele Namen mit Links zu Wikipedia hinterlegt).
Innerhalb Politik selbst wird Druck ausgeübt
Ich habe selbst einst einen Bestechungsversuch in der Politik erlebt, leider ohne Zeugen. Mir wurde von innerparteilichen Gegnern ein hochdotierter Job als Führungskraft in einem Unternehmen angeboten. Warum, das war ja wohl klar. Anstatt eine zeitlang mitzuspielen und dann etwas in der Hand zu haben, antwortete ich prompt, dass ich das Angebot gerne annähme, aber meinen Mund würde mir nichts verschließen. Und weg waren sie. Hier stellt sich auch die Frage nach der Verbindung zwischen ihnen und diesem Unternehmen. Ebenso erhielt ich damals immer wieder bis spät in die Nacht Faxe und Anrufe, nur um mich zu beschäftigen und mürbe zu machen.
Von Freunden, die einst Mandate hatten, weiß ich, dass sie in der Fraktion massiv unter Druck gesetzt wurden. Viele von ihnen wurden krank und verzichteten am Ende der Legislaturperiode auf eine weitere Kandidatur. Andere verändern sich, werden still.
Wer sich nicht in das System einfügt, bekommt auch viel davon mit. Es gibt vieles, was einem zumindet verdächtig vorkommt. Und dies hat man nicht nur in den Parlamenten, sondern auch in den Parteien selbst. Auf Parteitagen merken die Delegierten garnicht, welche Strippen im Hintergrund gezogen werden. Sie können sich gar nicht vorstellen, was strategisch und teils manipulativ abläuft.
Vertuschung in der Politik
Ende der 90er Jahre war ich aktiv, was nukleare Anlagen betraf. Rund um einige Atomkraftwerke und eine nukleare Forschungsanlagen (GKSS in Geesthacht) gab es reichlich Indizien für Korruption oder Erpressung. Aber wenn niemand redet, dann passiert nicht viel und es bleibt bei Verdachtsmomenten.
Siehe auch auf dieser Homepage „Vertuschungen durch den Staat bei der Atomenergie“ vom Januar 2022
sowie „Nur etwas Filz in der deutschen Politik“ vom Februar 2021.
Ich selbst wurde einst aufgefordert, auf einem vorderen Listenplatz für eine Landtagswahl zu kandidieren, doch die Erfahrungen, die bis dahin ich machte, ließen mich verzichten. Meine Gesundheit war mir wichtiger.
Vielleicht sollte einmal überlegt werden, ob nicht auch politische Strukturen eine Überarbeitung benötigen?
Ich dachte, dass diese Materialzusammenstellung schnell erledigt sei, doch stieß ich auf immer weitere Fälle, so dass das Ganze nun einige Wochen dauerte.
Nachfolgend einige Informationen zu Lobbyismus und Korruption zu den Auswirkungen auf Politik und Gesellschaft. Danach gibt es eine Auflistung von vielen Affären. Aufgrund der Menge wurde dieser Beitrag in mehrere Seiten aufgeteilt (ebenfalls hier in der rechten Spalte):
Seite 1 (hier weiter unten): Hausausweise für Lobbyisten im Bundestag
Seite 2: Korruption in der Politik (allgemein) und
Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Politik und Gesellschaft
Seite 3 – 1950er und 1960er Jahre: Schützenpanzer HS 30, Franz-Josef Strauß
Seite 4 – 1970er Jahre: Flick-Affäre, Spielbankaffäre Niedersachsen, Spendenaffäre der Frankfurter SPD,
Steiner-Wienand (SPD) Affäre, Filbinger-Affäre
Seite 5 – 1980er und 1990er Jahre: Barschel- und Schubladenaffäre, Traumschiff-Affäre, Amigo-Affäre,
Steuerfahnder-Affäre, Düsseldorfer Flug-Affäre
Seite 6 – 1990er Jahre: CDU-Spendenaffäre und Schreiber-Prozess
Seite 7 – 2000er Jahre: Frankfurter Spendenaffäre, Kölner Spendenaffäre, RWE-Affäre
Seite 8 – 2010er Jahre: Medienaffäre, Aserbaidschan-Affäre, Dieselskandal
Seite 9 – 2010er Jahre: AfD-Spendenskandal, CumEx-Skandal
Seite 10 – 2010er Jahre: Wirecard/Guttenberg/Philipp Amthor
Seite 11- 2019 und danach: Maut-Skandal
Seite 12 – 2020er Jahre: Corona-Maskenaffäre / Jens Spahn, AfD-Russland-China-Komplex,
Schleuser-Affäre (NRW), Korruption bei rheinland-pfälzischer AfD
Hausausweise für Lobbyisten im Bundestag
Deutscher Bundestag: Bekanntmachung der öffentlichen Liste über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern
08.06.2021 – Nachstehend gebe ich die öffentliche Liste über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern gemäß Beschluss des Deutschen Bundestages vom 21. September 1972 (BAnz. Nr. 199 vom 20. Oktober 1972) – Stand: 31. Mai 2021 – bekannt.
Der Präsident des Deutschen Bundestages Dr. Wolfgang Schäuble
weiterlesen bei Bundestag (PDF)
Deutscher Bundestag: Lobbyisten
24.05.2022 – Wirtschaftsverbände laden Politiker zu luxuriösen Empfängen ein, Unternehmensmitarbeiter haben Schreibtische in Ministerien, und in Gesetzentwürfen tauchen Formulierungen aus gekauften Studien auf. Welchen Einfluss hat der Lobbyismus in Deutschland auf die Politik?
Aber es gibt auch Bundestagsabgeordnete, die die Forderungen der beiden großen deutschen lobbykritischen Organisationen LobbyControl und Transparency International unterstützen.
weiterlesen bei Planet Wissen
Diese Lobbyorganisationen haben ungehinderten Zugang zum Bundestag (2022)
22.07.2022 – Mit einem Hausausweis können sich Lobbyakteure im Bundestag frei bewegen. Eine Liste gibt nun Aufschluss darüber, wer über eine der begehrten Zugangskarten verfügt. Neben Gewerkschaften sind dies unter anderem Vertreter:innen der Immobilien-, Rüstungs- und Pharmalobby.
weiterlesen bei Lobby Control
Lobbyreport 2024
Großer Fortschritt bei Lobbyregeln … und was die Ampel noch tun müsste
10.03.2024 – Die Ampel-Koalition hat Fortschritte erzielt, aber auch nötige Regulierungen
vernachlässigt.
Mit dem Lobbyreport 2024 ziehen wir eine Zwischenbilanz der Legislaturperiode:
Wir blicken auf die Entwicklungen in den Bereichen Lobbyismus und Transparenz und
zeigen auf, wo die Ampelkoalition noch handeln muss.
weiterlesen bei Lobby Control (PDF)
Bundestag: Anpassung des Lobbyregisters an die neue Gesetzeslage 2024 (GL2024)
Das Lobbyregistergesetz ist mit Wirkung zum 1. März 2024 geändert worden .
Mit der Gesetzesreform werden viele zusätzliche Angaben von Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern in ihren Einträgen im Lobbyregister verlangt.
weiterlesen bei Bundestag
Statista: Interessenvertretungen mit den höchsten jährlichen Ausgaben für Lobbyarbeit laut Lobbyregister des Deutschen Bundestages im Jahr 2024
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. investierte laut dem Lobbyregister des Deutschen Bundestages nach letzten verfügbaren Daten (Stand Februar 2024) mindestens 15,39 Millionen Euro in Lobbyarbeit auf Ebene der Bundespolitik.
weiterlesen bei Statista